Der Kritiker Sam Moskowitz nannte Serviss den »am vielseitigsten gebildeten amerikanischen Autor von Science Fiction im frühen 20. Jahrhundert«.
Am 24. März 1851 in Sharon Springs (NY) geboren, stammte Garrett P. Serviss von einer langen Reihe »vorrevolutionärer Siedler im Mohawk-Tal« ab. (Joseph Wrzos) Er erhielt seine Ausbildung sowohl an der Cornell wie auch an der Columbia Universität und schloss in Rechtswissenschaften ab. Doch er arbeitete nie als Anwalt sondern zog den Journalismus und die Naturwissenschaften vor, besonders die Astronomie. Letztere war wohl eine Jugendleidenschaft noch aus der Zeit, als er auf der väterlichen Ranch die Kühe hütete … Beide Interessen verband er, als er populärwissenschaftliche Artikel über Astronomie und andere wissenschaftliche Themen zu schreiben begann, zuerst für die New York Tribune, dann für die New York Sun, wo er zwischen 1882 und 1892 als Editorialschreiber und Nachteditor arbeitete, übrigens zusammen mit seinem Freund E. P. Mitchell, der ebenfalls Science Fiction schrieb.
Seine Artikel waren äußerst beliebt, so dass er sich 1892 entschloss vom Journalismus zur Vortragstätigkeit zu wechseln, wobei er ebenfalls sehr erfolgreich in der Popularisierung wissenschaftlicher Themen war. Nach Wrzos benutzte er dabei sogar so etwas wie einen Dia-Projektor. Zur gleichen Zeit unternahm Serviss mehrere Reisen nach Europa, wo er das Matterhorn bestieg, schrieb weiter Artikel und Bücher hauptsächlich über Astronomie, gab Astronomiekurse in den Abendschulen von New York und gründete zusammen mit S. V. White die Amerikanische Astronomische Gesellschaft.
Um die Jahrhundertwende begann Serviss seine schriftstellerischen Talente der reinen literarischen Form zuzuwenden. In seiner populärwissenschaftlichen Schrift »Other Worlds« gab er zu erkennen, dass er mit der Science Fiction seiner Zeit sehr gut vertraut war, sowohl mit Klassikern wie Lucian als auch mit modernen wie H. G. Wells, für dessen »War of the Worlds« Serviss später eine eigene Fortsetzung schrieb, in der die Erde gegen den Mars zurückschlägt, bevor dieser einen zweiten Angriff starten kann.
Serviss benutzte die in der Wissenschaft seiner Zeit vorhandenen Hinweise auf eventuelle zukünftige Entwicklungen mit großer Vorstellungskraft. In »Das Mondmetall« tauchen nicht nur Fernsehröhren auf, sondern auch ein Prozess, den wir heute als Materietransmission oder »Beamen« bezeichnen würden! Im Roman »A Columbus of Space« (1909) gibt es ein atomgetriebenes Raumschiff, das zur Venus fliegt und dort eine gespaltene Zivilisation findet, deren einer Teil regelmäßig den Verstand verliert, wenn die Strahlen der Sonne doch einmal die ewige Wolkendecke durchdringen, was wir so ähnlich in Asimovs »Nightfall« wiederfinden.
In »The Second Deluge« (1911) brachte Serviss noch einmal seine Leidenschaft für die Astronomie, seinen Glauben an Vernunft und Wissenschaft ins Spiel, um einen kritischen Blick auf die Irrationalität einer Menschheit am Rande ihres Unterganges zu werfen. Die Zweite Sintflut wird typischerweise für Serviss durch eine kosmische Katastrophe verursacht, wobei der damals gerade wieder einmal aufgetauchte Halleysche Komet eine Rolle gespielt haben mag. In der Geschichte, die ca. um 2000 spielt, tauchen neben Verkehrsflugzeugen auch genetisch manipulierte Nutztiere auf, die Sahara wurde in Anbaugebiet verwandelt und nicht nur U-Boote, sondern auch Bomben sind als Kriegswaffen verboten.
Die »Enzyklopädie der Science Fiction« zählt G. P. Serviss zu den Klassikern des Genres, zu jenen Autoren, aus deren Arbeiten es letztlich zur Zeit der Pulp-Magazine und Hugo Gernsbacks zu einem eigenständigen und bis heute boomenden Literaturgenre wuchs.